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Das römische Raetien


Die Provinz Raetia umfasste das heutige Südbayern, das östliche Baden-Württemberg, die südliche und östliche Schweiz, das westliche Österreich und Teile Norditaliens. Kohlhunden liegt übrigens genau im Zentrum der damaligen Provinz Rätien.


15 v. Chr. eroberten Drusus und Tiberius, die Stiefsöhne des Kaisers Augustus, große Teile der Alpen und des Voralpenlandes. Einige Stämme der hier siedelnden Raeter und Vindeliker lieferten sich Kämpfe mit den vorrückenden römischen Truppen, während andere sich freiwillig unterwarfen. Nach diesen Stammesverbänden benannten die Römer auch ihre Provinz: provincia Raetia et Vindelicia,oft kurz als Raetia bezeichnet.


Zunächst endete das Provinzgebiet an der oberen Donau: hier errichteten Hilfstruppen (auxilia) bis zur Mitte des 1. Jh. n. Chr. eine Reihe von Kastellen. Der Hauptort der Provinz (caput provinciae) und Sitz des Statthalters (procurator Augusti) war wahrscheinlich zunächst Kempten (Cambodunum).


Wichtige Straßen durchzogen Raetien: Die Rhein- und Donauprovinzen verband die Straße, die vom Legionslager Windisch bei Zürich (Vindonissa) über Bregenz (Brigantium) und Kempten (Cambodunum) nach Salzburg (Iuvavum) führte. Kaiser Claudius (41–54 n. Chr.) baute die bereits seit Augustus bestehende Straßenverbindung mit Italien aus: Die Via Claudia Augusta begann in Altino (Altinum) am Adriatischen Meer, verlief durch die Alpen bis zur späteren Provinzhauptstadt Augsburg (Augusta Vindelicum) und endete am Grenzkastell Burghöfe (Submuntorium) an der Donau (Danuvius). Eine weitere wichtige Straße führte von Mailand (Mediolanum) über Como (Comum) und Chur (Curia) nach Bregenz (Brigantium) und Kempten (Cambodunum).


Der Gütertransport erfolgte allerdings bevorzugt auf den Flüssen. Im späten 1. und frühen 2. Jahrhundert verschob sich die Grenze nach Norden. Neue Kastelle entstanden u. a. in Heidenheim (Aquileia), Weißenburg (Biriciana) und Künzing (Quintana). Seit Beginn des 2. Jahrhunders residierte der Statthalter Raetiens in Augsburg (Augusta Vindelicum). Kaiser Hadrian erhob die Stadt (117–138 n. Chr.) in den Rang eines Munizipiums; sie hieß nun municipium Aelium Augusta Vindelicum und entwickelte sich zur größten Stadt Raetiens.

Antoninus Pius (138–161 n. Chr.) verschob die Grenzlinie im Westen Raetiens; neu entstanden Kastelle z. B. in Schwäbisch-Gmünd und Aalen. Als in den Markomannenkriegen (165–175; 177–182 n. Chr.) auch Orte in Raetien zerstört wurden, verstärkte die legio III Italica die Grenztruppen. Die Legion war seit 179 n. Chr. in Regensburg (Reginum) stationiert. Ihr senatorischer Kommandeur übernahm die Funktion des Statthalters (legatus Augusti pro praetore provinciae Raetiae).


Im Laufe des 3. Jahrhunderts häuften sich Überfälle und Plünderungszüge germanischer Stammesverbände, vor allem der Alamannen und Juthungen. Trotz mehrfacher römischer Siege konnte das westraetische Gebiet nördlich des Bodensees dauerhaft nicht mehr gehalten werden. Seit dem letzten Viertel des 3. Jahrhunderts bildete der Donau-Iller-Rhein-Limes die nördliche Grenzlinie Raetiens. Festungen entstanden u. a. in Pfyn (Ad Fines), Kempten (Cambodunum), Isny (Vemania), Kellmünz (Caelius Mons), Burghöfe (Submuntorium) und Eining (Abusina). Im 4. Jahrhundert wurde Raetien in zwei Provinzen geteilt: in die Raetia I mit der Hauptstadt Chur und in die Raetia II mit der Hauptstadt Augsburg. Trotz des starken wirtschaftlichen Niedergangs und wachsender Unsicherheit verblieben bis zum Ende des weströmischen Reiches 476 n. Chr. noch einzelne Grenztruppen und eine nennenswerte romanische Bevölkerung in Raetien. Längst siedelten hier auch verschiedene Germanenstämme, die in römische Dienste traten. Aus diesem „Völkergemisch“ bildete sich das frühmittelalterliche Stammesherzogtum der Bajuwaren heraus.